Auf den ersten Blick unter­schei­det sich ein Ba­rock-Vio­lon­cel­lo nicht wei­ter von sei­nem Pen­dant moderner Bau­art: glei­che Form, glei­ches Holz, glei­che An­zahl Sai­ten – viel­leicht be­merkt der auf­merk­sa­me Be­ob­ach­ter noch, dass der Spie­ler das In­stru­ment zwi­schen sei­ne Bei­ne klemmt, weil kein Sta­chel un­ten dran ist – wie kurios!

Aber was ist dann das Be­son­de­re an ei­nem Ba­rock-Cel­lo?

Schnecke meines Cellos
Schnecke meines Cellos
Schnecke meines Cellos
Tat­säch­lich sind die tech­ni­schen Un­ter­schie­de de­zent oder so­gar vor dem Au­ge des Be­trach­ters ver­bor­gen: das Ba­rock-Cel­lo hat ein kür­ze­res und leich­te­res Griff­brett mit Weich­holz­kern, ei­ne et­was ge­rin­gere Hals­nei­gung, ist mit Darm­sai­ten an­stel­le der heu­te üb­li­chen Stahl­sai­ten be­zo­gen, und im In­ne­ren fin­det sich ein et­was schlan­ke­rer, kür­ze­rer Bass­bal­ken so­wie ein dün­ne­rer Stimm­stock.

Aller­dings be­wir­ken die­se un­schein­ba­ren An­pas­sun­gen ei­ne er­staun­li­che Ver­än­de­rung der Spiel­ei­gen­schaf­ten und des Klangs!

Als ich nach 28 Jahren »nor­ma­lem« Cel­lo das er­ste mal auf ei­nem Ba­rock-Cel­lo spiel­te, war plötz­lich al­les ganz an­ders. Die ge­wohn­ten Mus­ter der Klang­er­zeu­gung ver­sag­ten. Das gro­ße For­te mit viel Vi­bra­to er­schien wie ei­ne Pa­ro­die. Ir­gend­et­was mach­te ich falsch.

Also passte ich mich dem In­stru­ment an. Ich lern­te mit ei­ner ge­rin­ge­ren Bo­gen­ge­schwin­dig­keit zu spie­len, den Ton in­di­vi­du­ell zu for­men, ließ das Vi­bra­to weg und trau­te mich ganz un­ge­niert lee­re Sai­ten zu spie­len ... und wur­de von ei­nem neu­en Spiel­er­leb­nis be­lohnt.

Das Ba­rock-Cel­lo ist in der Klang­ge­stal­tung sehr fle­xi­bel. Es ver­fügt über vie­le Ton­ab­stu­fun­gen, vom ge­haucht und dumpf bis hin zu ei­nem schar­fen, schnei­den­den Ton. In der al­ten Musik kann ich mei­ne Klang­vor­stel­lung da­mit nu­an­ciert ver­wirk­li­chen.

Ich ver­glei­che Ba­rock-Cel­lo und »nor­ma­les« Cel­lo ger­ne mit Auto und Fahr­rad: das Ba­rock-Cel­lo ist lei­ser, man muss auf­pas­sen, dass man nicht her­un­ter­fällt, aber da­für spürt man auch den Fahrt­wind und kann sei­nen Weg ganz in­di­vi­du­ell be­stim­men.

Ich fahre lieber Rad.